Dissertation von Dr. med. Eva Heller, Leipzig
Ultrastrukturell-morphometrische Untersuchungen an Kapillaren und Interstitium
im Myokard gesunder und cardiomyopathischer syrischer Goldhamster verschiedener Alterstufen

2. Literaturüberblick

2.1. Definition und Klassifikation der Cardiomyopathien

Die Cardiomyopathien (CM) umfassen definitionsgemäß alle Herzmuskelerkrankungen, die nicht durch eine pulmonale oder systemische Hypertonie oder eine Perikarderkrankung verursacht sind. Das weite Feld der damit verbleibenden Herzmuskelerkrankungen wird in eine primäre und sekundäre Form unterteilt.

Die primären Formen umfassen die

  • dilatative, kongestive CM
  • hypertrophe CM
    • hypertroph-obstruktive
    • hypertroph- nicht obstruktive
  • restriktive CM.

Die Ätiologie dieser Formen ist vielfach nicht eindeutig geklärt und ist gegenwärtig Grundlage vieler wissenschaftlicher Untersuchungen.

Die sekundären Formen der CM treten zumeist im Gefolge einer generalisierten Grundkrankheit mit entzündlicher, infektiöser, nutritiv-toxischer, metabolischer, neuro- bzw. myopathischer, infiltrativer oder physikalischer Genese auf (Pscherembel 1992).

Der Begriff der CM wurde erstmalig für coronarsklerotisch ausgelöste Herzkrankheiten durch Bridgen 1957 verwendet.

Goodwin hat im Jahr 1982 die CM als Gruppe von Herzmuskelerkrankungen unklarer Ursache definiert: "cardiomyopathies are heart muscle diseases of unknown cause". Demnach finden Myokarderkrankungen bekannter Genese, die bisher den sekundären Formen zugerechnet wurden, keine Berücksichtigung mehr in der Klassifikation.

2.2. Die Cardiomyopathien des Menschen

Die hypertrophe CM

Für die Entstehung einer hypertrophen CM (HCM) werden vorrangig erbliche und hormonelle Störungen angeschuldigt.

Es wurde ein gehäuft familiäres Auftreten und statistisch signifikante HLA-Muster (Olsen 1973) beobachtet. So sind vier genetische Defekte bekannt, die für die Synthese kontraktionsgeschädigter Proteine in der Ventrikelmuskulatur verantwortlich sind (Scherhag 1995).

Für den hormonellen Faktor spricht ein erhöhter Katecholaminspiegel, der die normale Rückbildung der embryonalen, septalen Muskulatur verhindern soll (Pearse 1964, Ferrans 1975, Perloff 1981, Goodwin 1982).

Kennzeichnend für die HCM ist nach Erstmanifestation ein langsames Fortschreiten des Krankheitsprozesses, welcher lange Zeit asymptomatisch bleibt. Auf Grund einer Obstruktion der linksventrikulären Ausflußbahn wird innerhalb der HCM eine obstruktive von einer nicht obstruktiven Form unterschieden.

Es treten variable systolische Gradienten (Goodwin 1985), eine Erhöhung des enddiastolischen Druckes bei langer normaler Ejektionsfraktion auf. Eine Arrhythmiehäufigkeit mit entsprechenden Echokardiographiebefunden ist typisch. Die obstruktive HCM ist nicht über das gesamte Myokard gleichermaßen verteilt.

Ein zweite Unterteilung in eine hypertroph - nicht obstruktive CM innerhalb der HCM wurde für eine das gesamte Myokard betreffende Form vorgenommen. Auch ohne Druckgradient ist die Systolenfunktion im Vergleich zu der der hypertroph-obstruktiven CM oft schlechter. Pathophysiologisch ist für die HCM also eine verschlechterte diastolische Ejektionsfraktion bei erhöhten linksventrikulären Drücken typisch.

Makroskopisch findet sich bei Sektion ein stark hypertrophierter Herzmuskel. Speziell bei der hypertroph - obstruktiven Form ist eine Ausbauchung des hypertrophischen Septums in den linken Ventrikel charakteristisch.

Mikroskopisch findet sich eine Verdickung, Verkürzung sowie wirbelförmige, rechteckige oder sternförmige Anordnung der Muskelfasern (Schölmerich et al. 1996). Die Myozyten sind hypertrophiert und als Ursache wird eine Zunahme des Zytoplasmas und der kontraktilen Elemente bzw. der Myofibrillen (Pomerance et Davis 1975) angesehen. Die Mitochondrien der Myozyten sind degeneriert und oft in Form von Mitochondriose vermehrt. Es treten kleine Gefäßwandverdickungen der intramyocardialen Gefäße in Folge von Intima-Mediaproliferationen auf, welche zu Lumeneinengungen führen. Auffällig ist eine perivaskuläre Fibrosierung.

Im Elektronenmikroskop sind die Veränderungen der kontraktilen Elemente in Form von Brücken der Z-Banden und Verklumpung der Glanzstreifen deutlich (Sasayama 1991, Kunkel et al. 1985). Die Mitochondrien erscheinen polymorph und haufenförmig angeordnet. Eine Glykogenzunahme mit stellenweiser Akkumulation wurde ebenfalls gefunden (Ferrans et al. 1973).

Die dilatative, kongestive Cardiomyopathie

Die dilatative, kongestive CM (DCM) war bisher eine Ausschlußdiagnose (Schölmerich et al. 1996), welche das Endstatium einer Reihe ätiologisch und pathogenetisch unterschiedlicher Erkrankungen darstellt (Goodwin 1974). Es wurden virale und immunologische Faktoren angeschuldigt, und erst in jüngster Zeit gelang der Nachweis einer erblichen Komponente, allerdings mit geringer Penetranz. Dabei ist eine x-chromosomale Variante mit frühzeitiger Dilatation von einer auf Chromosom 1 lokalisierten Form mit vorwiegender Arrhythmiesymtomatik und häufigen akutem Herztod zu unterscheiden (Scherhag 1995). Das Leitsymptom ist eine allmählich nachlassende Leistungsfähigkeit bis hin zur kardialen Dekompensation.

Hämodynamisch ist eine nicht kongestive, nur dilatative Frühform von einem kongestiven Endstadium zu unterscheiden. Die dilatative Frühform stellt einen kompensierten Zustand ohne Stauungszeichen trotz deutlicher Dilatation dar. Das Vollbild als kongestive Form zeigt eine "Stauungsherzinsuffizienz", wobei die Förderleistung eingeschränkt und die Füllungsdrücke erhöht sind. Bei Sektion findet sich ein stark vergrößertes Herz mit erheblich vergrößertem Herzgewicht und dilatiertem Ventrikelwänden.

Mikroskopisch ist die im Verlaufe der Erkrankung zunehmende Hypertrophie der Herzmuskelzellen auffällig (Kunkel 1985). Als Ursache wird der allgemeine Umbau des Herzmuskelgewebes sowie des Interstitiums im Sinne einer Fibrose angeschuldigt (Olsen 1980, Kunkel et al. 1982).

Die Myofibrillen erscheinen oft durch fibröses Gewebe ersetzt, was auch als mottenfraßähnliche Myokardiolyse bezeichnet wird (Saxiguchi 1974, Kunkel et al. 1982). Trotz fehlender Spezifität dieser Befunde korreliert das Ausmaß dieser Veränderungen eindeutig mit dem Krankheitsstadium. Auf elektronenmikroskopischer Ebene erscheinen die Zellkerne bizarr mit unterschiedlich tiefen Kernmembraneinstülpungen (Frenzel et al. 1985) und irregulären Chromatinverteilungen entlang der Kernmembran. Die im Frühstadium noch intakten Mitochondrien weisen später Abnormitäten im Aufbau, wie Zunahme ihrer Cristae (Pomerance et Dawis 1975) bei allgemeiner Formen- und Größenvariabilität (Mitochondriose) auf (Kunkel et al. 1982). Die intramyocardialen Gefäße nehmen an Zahl zu, auch die periarterielle Fibrose tritt vermehrt auf (Pomerance et Davis 1975).

Insgesamt sind die degenerativen Veränderungen unterschiedlichen Ausmaßes das wichtigste Zeichen. Dazu gehören neben den genannten Mitochondrienveränderungen Myofibrillenschäden, Myelinfiguren, Lysosomenveränderungen und Akkumulation von Lipofuszin, Lipiden und Glykogen (Roberts et Ferrans 1975).

Die restriktive, obliterative Cardiomyopathie

Die restriktive, obliterative CM ist in Europa seltener anzutreffen und soll daher nur am Rande erwähnt werden. Wie auch bei den beiden vorherigen Formen wurde für die restriktive CM eine Endomyokardfibrose und eine Endomyokardfibroelastose beschrieben (Pomerance et Davis 1975).

2.3. Das Tiermodell des syrischen Goldhamsters

(zusammengefaßt nach Lossnitzer et al. 1975, Strauch et Lossnitzer 1975, Jasmin et Proschek 1982, Schwartz et al. 1972, Wrogeman et Nyler 1978) Verschiedene cardiomyopathische Stämme des syrischen Goldhamsters erweisen sich seit mehreren Jahrzehnten als leicht reproduzierbares Tiermodell für Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der CM.

Ein erblich belasteter myopathischer Hamsterstamm wurde erstmals 1962 durch Hamburger et al. beschrieben. Der Hamsterstamm BIO 8262. entstammt einer Kreuzung weiblicher Tiere des Hamsterstammes BIO 14.6. und Tieren des Hamsterstammes BIO/RB.

Die Tiere des Urstammes BIO 14.6. und deren Weiterzucht (BIO 8262) sind durch eine erbliche Polymyopathie gekennzeichnet, deren histologisch elektronenoptische Befunde denen der menschlichen DCM ähneln. Ebenso zeigen hämodynamische Befunde eine deutlich verminderte Herzleistung im Sinne einer dilatativen CM.

In den ersten Lebenstagen entwickeln sich die Hamster zunächst ohne sichere klinische Symptomatik. Frühsymptome sind eine durch die Skelettmuskelbeteiligung bedingte Schwäche, mit auffallender Atrophie der Muskulatur der hinteren Extremitäten, begleitet von Appetitmangel und vereinzelt fleckförmigem Haarausfall.

Im fortgeschrittenen Alter werden die Zeichen der Herzinsuffizienz deutlicher. So bilden die Tiere bis zum Terminalstadium ausgeprägte Ödeme bis zu generalisierten Anasarka aus und nehmen deutlich an Gewicht zu, scheiden weniger Urin aus und bieten als Zeichen der Lungenstauung Tachypnoe und Zyanose.

Der allgemeine Skelettmuskelschaden ist spätestens ab dem 150. Lebenstag deutlich und äußert sich in zunehmender Schwäche sowie Lethargie.

Der Herzmuskelschaden ist lichtmikroskopisch schon ab der sechsten Lebenswoche faßbar. Zunächst zeigen sich vereinzelt fokale Myolysebereiche ohne zelluläre Infiltration. Die zunehmende degenerative Schädigung der Myozyten stellt sich im weiteren Verlauf in der Mehrzahl der Fälle in Form multifokaler Koagulationsnekrosen mit starker Granulation und vereinzelte Kalzifizierung oder als Auflösung der Myofibrillen dar, die oft nur Sarkolemm-oder Kernreste zurückläßt. Die Veränderung der Herzmuskelfasern geht bis hin zum Verlust der Querstreifung. Sie zeigen zahlreich Kontraktionsbanden und später zunehmend Hypertrophie. Neben den zirkumskripten Nekrosen finden sich im Verlauf des Nekrosestadiums als Zeichen des Versuches der Autophagie der geschädigten Zellkomponenten besonders interstitiell zahlreiche Infiltrate mononukleärer Rundzellen.

Elektronenmikroskopisch sind bereits pränatal vereinzelt pathologische Befunde erkennbar. Die Zahl der Kardiomyoblasten und deren Mitosefrequenz ist erhöht, die Myosinmenge ist vermindert. Die Myofibrillen zeigen eine beginnende Unordnung der Myofilamentstruktur, vereinzelt bereits Störungen der Z-Streifen-Differenzierung. Einzelne Mitochondrien erscheinen bereits geschwollen. Diese bereits bei Geburt vorliegenden, wenn auch gering ausgeprägten, strukturellen Abnormitäten sprechen für einen frühen Beginn der später folgenden Umbauvorgänge und könnte bereits in diesem Stadium die ökonomische Arbeit des Herzmuskels geringfügig beeinträchtigen.

In den ersten Lebenswochen findet sich elektronenmikroskopisch die s.g. prämyolytische Phase, worin die bereits pränatale Texturstörung der einzelnen Myofibrillen sowie die Z-Streifenveränderungen schon wesentlich ausgeprägt sind. Die ersten Schäden der bereits leicht hypertrophierten Mitochondrien sind nachweisbar.

Ab dem zweiten Monat sind die myolytischen Läsionen als "mottenfraßähnliche Läsionen" mit intrazellulärem Ödem und vereinzelten nekrotischen Herden erkennbar. Mit zunehmendem Alter schreiten die myolytischen Prozesse fort , bis sie hauptsächlich von nekrotischen Veränderungen bestimmt sind. Diese Nekrosebezirke werden zunehmend entzündlich infiltriert und fibrotisch umgebaut. In verschiedenen Organellen finden sich zunehmend fokale Kalziumablagerungen, insbesondere intramitochondrial.

Nach dem die Nekroseprozesse um den 150. Tag immer mehr zum Stillstand gekommen sind, dominieren neben zunehmend hypertrophisch vergrößerten Zellen Fibroseherde. Im fortgeschrittenen Alter ist lichtmikroskopisch die Zunahme des myolytischen Prozesses bis hin zum bindegewebigen Ersatz der Myozyten erkennbar, und es kommt zu einer zunehmenden Hypertrophie der Myozyten. Die fortschreitende Vernarbung der Herzmuskulatur führt zu hämodynamischen und damit klinisch nachweisbaren Schädigungen.

Elektronenmikroskopisch erscheinen die Myofibrillen erheblich überkontrahiert und die Myofilamentzerstörung ist weit fortgeschritten, die Z-Streifen sind erheblich verklumpt. Die Mitochondrien weisen deutliche Christaeschäden bis zur Vakuolisierung sowie ausgeprägte Kalkablagerungen auf.

2.4. Zusammensetzung der Extrazellularsubstanz im Myokard

Der extrazelluläre Raum ist mit verschiedenen Bestandteilen ausgefüllt, die im Rahmen des Zusammenhaltes, des Wachstums und des Stoffaustausches Aufgaben erfüllen. In ihm befinden sich lockeres Bindegewebe, die sg. Grundsubstanz, sowie Monozyten, Makrophagen und Kapillaren. Das Bindegewebe steht im Dienst der Homöostase, der Speicherung und des Austausches von Proteinbestandteilen, Kohlehydraten, Lipiden und Elektrolyten zwischen Gefäßen und Parenchymzellen. Es bietet den Boden für entzündliche Vorgänge und besondere Reparaturleistungen. Am Aufbau des normalen und pathologisch veränderten Bindegewebes sind verschiedene Zellarten beteiligt:

Fibroblasten (im angelsächsischen Sprachgebrauch auch Fibrozyten) sind Bindegewebszellen mit der Fähigkeit, Prokollagen zu bilden und die Entstehung von Kollagenfasern zu ermöglichen. Sehr wahrscheinlich sind Fibroblasten auch an der Produktion von Glycosaminoglykanen beteiligt. Sg. Myofibroblasten und gewisse, z.B. in Gefäßwänden vorhandene, Zellen sollen sowohl Eigenschaften kollagenbildender Elemente als auch solche glatter Muskelfasern besitzen. Retikulumzellen und Mastzellen begegnet man vor allem im perivaskulären Bereich. Möglicherweise tragen diese Zellen zum Aufbau der Grundsubstanz bei (Galambos 1977, Kewley 1978, Laymon et Titus 1975, Mc Douglas et Azar 1972).

Von den insgesamt vierzehn bisher bekannten Kollagentypen sind besonders Typ III, IV, VI und VIII zu nennen, welche am Herzen vorkommen.

Typ III findet sich in der Wand von Blutgefäßen, aber auch in der Haut und inneren Organen,
Typ IV in Basalmembranen.
Typ VI kommt im interstitiellen Bindegewebe vor und bildet Kollagenfibrillen aus, die sich aber ganz erheblich von klassischen Kollagenfibrillen unterscheiden (Löffler et Petrides 1997).
Typ VIII ist Bestandteil der Endothelzellen und stellt zusammen mit Typ X ein Kurzkettenkollagen dar, welches diesem strukturverwand ist und unterschiedliche Funktionen und Gewebsverteilungen aufweist.

Eine Ausnahme im Aufbau stellt Kollagen Typ VI dar, welches nur einen kleinen zentralen Bezirk mit Triplehelixstruktur besitzt, und der übrige Teil durch relativ große globuläre Domänen bestimmt wird. Diese globulären Anteile sind auch für Wechselwirkungen mit Kollagen Typ I und anderen Matrixproteinen mit Integrin-Rezeptoren der Zellmembranen verantwortlich (Löffler et Petrides 1997).

Die Kollagen- und Retikulinfasern entstehen in einer schrittweisen intrazellulären Synthese. Ausgehend von Polypeptidvorläufern, welche aus den ribosomalen Komplexen des RER gebildet werden, entstehen Polypeptidketten , welche hydroxiliert und durch weitere Polypeptide ergänzt werden. Durch Bildung von Disulfidbrücken untereinander wird die Bindung stabilisiert. Drei dieser Polypeptidketten bilden eine Triplehelix und stellen das Prokollagen dar. Nachdem an einige der Hydroxylysinreste Galactose und Glucosyl-Galactose angehängt wurde, kann das Prokollagen durch Exozytose aus der Zelle geschleust werden.

Die weitere Umwandlung zu Kollagen findet extrazellulär durch einen oder möglicherweise mehrere proteolytische Schritte statt. Wahrscheinlich werden am NH2-terminalen Ende des Prokollagens zysteinhaltige Stücke abgespalten, wodurch Tropokollagen entsteht. Es erfolgt die geordnete Zusammenlagerung und sekundäre Helizierung des Tropokollagenmoleküls. Zwischen den benachbarten Molekülen müssen nun kovalente Bindungen in Form von multiplen Brücken gebildet werden. Dies geschieht durch die Abspaltung terminaler Aminogruppen und die Synthese von Aldehyden. Schließlich entsteht durch Aldolkondensation Syndosin und ermöglicht die völlige Vernetzung der Fibrillen.

Die makroskopisch als Fasern imponierenden Strukturen zeigen lichtmikroskopisch das Bild von Faserbündeln, wobei die einzelne Phase elektronenoptisch aus Verbänden von Fibrillen besteht. Der mittlere Durchmesser der elektronenoptisch nachweisbaren Fibrillen variiert von Gewebe zu Gewebe und liegt zwischen 15 und 130 nm.

Fibrillen, die im elektronenoptischen Bild längs getroffen sind, zeigen meist deutliche Querstreifung, die in der Regel einen Abstand von 64 nm haben. Dies beruht auf der in Längsrichtung versetzten Anordnung des Topokollagens.

Retikulinfasern erweisen sich elektronenoptisch größtenteils als dünne Bündel von Kollagenfibrillen.

Die Grundsubstanz oder Matrix besteht aus Glycosaminoglycanen, Laminin, Fibronectin, Entaktin und Nidogen (Mucopolysaccharide). Die Glycosaminoglycane sind an Proteine gebunden. Man darf annehmen, daß dieses vorwiegend aus anionischen Linearpolymeren aufgebaute Material im Rahmen des Wasser- und Elektrolythaushaltes, des Transportes verschiedener Substanzen sowie weiterer Stoffwechselvorgänge eine große Rolle spielt (Cottier 1992).

Ein Bestandteil der extrazellulären Matrix ist das Fibronectin, welches als Matrixprotein besondere Affinität zur Zelloberfläche und zu verschiedenen Matrixsubstanzen hat und somit zum Anketten von Zellen und besonders Kollagen an diese Strukturen dient (Hörmann 1985). Wie bereits erwähnt, dient der extrazelluläre Raum dem Stoffaustausch und -transport und als Speicher für Proteinbestandteile. Um einen Stoffumsatz zu ermöglichen sind Zellen notwendig, welche unter physiologischen und verstärkt unter pathologischen Bedingungen für den Stoffabbau verantwortlich sind. Diese werden durch Monozyten und Makrophagen gebildet, deren Funktion vorrangig in der Phagozytose besteht und die ebenso in der Immunregulation (in Kooperation mit Lymphozyten) und bei der Synthese unterschiedlicher biologischer Substanzen eine Rolle spielen (Pscherembel 1992).

Fitzl (1990) untersuchte lichtmikroskopisch die Entwicklung der Volumenanteile des Interstitiums sowie der Myozyten bei cardiomyopathischen syrischen Hamstern und setzte den Volumenanteil des Interstitiums zum Volumenanteil der Myozyten ins Verhältnis zueinander. Dabei stellte er in einer nicht veröffentlichten Studie die Ergebnisse von Hamstern identischer Altersgruppen denen gesunder Tiere gegenüber. Der Volumenanteil des Interstitiums der Kontrollgruppe nahm von Lebensbeginn an kontinuierlich ab. Die Werte bewegten sich am 7. Tag um 0,155, am 21. Lebenstag um 0,129 und am 130. Tag um 0,128. Gegen den 330. Tag fiel die Volumendichte des Interstitiums auf 0,111 ab.

Bei den cardiomyopathische Tieren fand sich am 7. Tag ein Wert von 0,146, dieser fiel bis zum 21. Tag auf 0,143 und bis zum 270. Tag auf 0,084. Gegen den 390. Tag war das Ergebnis auf 0,121 angestiegen.

Das Verhältnis der Volumendichte des Interstitiums zur Volumendichte der Myozyten nahm bei den gesunden Hamstern vom 7. Tag an ab. Die Ergebnisse lagen zu Lebensbeginn bei 0,183, am 21. Tag bei 0,148, am 130. Tag bei 0,147 und am 330. Tag bei 0,125. Dagegen war bei den cardiomyopathischen Tieren bis zum 270. Tag ein steiler Abfall zu verzeichnen. Die Werte bewegten sich am 7. Tag um 0,171, am 21. Tag um 0,166, am 270. Tag um 0,098. Bis zum 390. Tag stieg das Verhältnis auf 0,137 und lag damit zu diesem Zeitpunkt über dem der gesunden Tiere. Diese Gegenüberstellung läßt die Schlußfolgerung zu, daß bei den gesunden Tieren, wahrscheinlich entsprechend der im Altersprozeß abnehmenden Herzmuskelmasse, der interstitielle Anteil kontinuierlich abnimmt. Bei den cardiomyopathischen Hamstern fällt der Volumenanteil des Interstitiums bis zum mittleren Lebensalter ebenfalls.

Die Umverteilung innerhalb des Herzmuskels erfolgt zunächst zugunsten der Myozyten, erst gegen Lebensende, wenn die Menge der Myolyseherde zunimmt, wird Gewebe durch Bindegewebe ersetzt. Die von Fitzl erarbeiteten Ergebnisse sind für die Auswertungen der vorliegenden Arbeit von Nutzen: Es wird die Einordnung der Volumenanteile der einzelnen interstitiellen Komponenten in das Gesamtinterstitium ermöglicht.

2.5. Ultrastruktur der Myokardkapillaren

Die Herzmuskulatur ist dreischichtig aufgebaut. Die mittlere und dickste Schicht stellt das Myokard dar. Ihr wesentlichster Bestandteil ist ein netzförmig angeordnetes Maschenwerk von Myozyten. In den mit Bindegewebe ausgefüllten Zwischenräumen des Maschenwerkes verlaufen Nerven und Gefäße, darunter Blut- und Lymphkapillaren sowie Sinusoide. Diese Sinusoide bilden ein netzartiges, in die myokardiale Muskulatur eingewobenes, endothelausgekleidetes Kanalsystem, das aus weitlumigen, unregelmäßigen Strömungswegen besteht und direkten Zufluß aus den Kranzarterien und Kapillaren erhält und wieder in Kapillaren, Koronarvenen oder in das Vorhof- bzw.Kammerlumen mündet (Lunkenheimer et Merker 1973).

Die Kapillaren umgeben als Längsmaschen die Cardiomyozyten. Auch zwischen den abzweigenden Arteriolen sind ausgedehnte Anastomosen zu beobachten, deren Maschen ovale und unregelmäßige Vierecke bzw. dreidimensionale Schlingen bilden. Sie lassen somit ein System ununterbrochener Gefäßanastomosen entstehen, das einem Netzwerk gleicht.

Die Kapillarwand ist in einer Dreischichtung aufgebaut: Endothel, Basallamina mit Pericyten und Adventitia.

Das Kapillarendothel besteht aus einer einfachen Lage von flachen, relativ gleichförmigen, polygonalen Zellen, deren Längsachse parallel und nach dem Blutstrom ausgerichtet ist. Die Kapillaren des Myokards gehören zum kontinuierlichen (somatischen) Typ. Endothel und Basalmembran sind lückenlos. Entsprechen der Lokalisation und abhängig von der Präparationstechnik weisen sie strukturelle und funktionelle Unterschiede auf. Im Kernbereich sind Verdickungen der Endothelzellen zu beobachten, die sich deutlich in das Gefäßlumen vorwölben. Die peripheren Anteile zeigen sich hingegen deutlich abgeflacht. Für Endothelzellen ist ein nur spärlicher Organellenbestand typisch (Büchner et Onishi 1967, Welt 1984). Neben dem dominierenden ovalen Kern enthalten sie wenig glattes und rauhes endoplasmatisches Retikulum, freie Ribosomen, einen Golgiapparat, vereinzelt Lysosomen, Mikrotubuli, verschiedene Arten von Mikrofilamenten, Glycogengranula sowie eine Vielzahl von Kaveolen und Vesikeln. Diese sind ungleich verteilt und ordnen sich an der Oberfläche in Linien, Clustern sowie hexagonal an. Dabei grenzt sich eine nahezu vesikelfreie parafunktionale Zone von den übrigen vesikelreichen Zonen ab (Simionescu et al. 1974). Die Anzahl der Vesikel pro Endotheleinheit wurde auf 10.000 bis 15.000 berechnet. Am dichtesten gepackt liegen sie in der abgeflachten Peripherie. Bei angenommener sphärischer Form wird die Dimension der Vesikel mit 50 bis 100 nm scheinbarem Durchmesser angegeben (Simionescu et al. 1974).

Die Muskelkapillaren des Myokards sind von allen Kapillartypen am stärksten vesikuliert. Jedoch variiert die Vesikeldichte auch innerhalb einer Zelle und zwischen benachbarten Zellen erheblich. Es wird gegenwärtig noch z.T. angenommen, daß die Funktion der Vesikel im Transport von wasserlöslichen und makromolekularen Substanzen besteht.

Nach umfangreichen physiologischen Studien zur Kapillarpermeabilität (Pappenheimer 1953, Majno et Palade 1961, Landis et Pappenheimer 1963) läßt sich die Wand der Kapillaren als semipermeable Membran interpretieren, durch die der Stoffaustausch nach den Gesetzen der Diffusion, Filtration sowie des hydrostatischen und osmotischen Druckes erfolgt. Als Oberfläche steht das gesamte Kapillarendothel zur Verfügung. Über den Verlauf des Stoffaustausches mit Hilfe der Vesikel wurden mehrere Theorien, welche dynamische Vesikelveränderungen zu erklären versuchen, entwickelt:

1. Nach Palade (1961) schnüren sich die Vesikel als Teile des Plasmalemms ab, lösen sich von der Membran, durchqueren anschließend als freie Vesikel das Zytoplasma und verschmelzen in umgekehrter Reihenfolge mit der Plasmamembran der Gegenseite.

2. Bundgaard (1979/1980) stellten die Existenz einer bedeutenden Population freier Plasmavesikel in Frage. Eine Ultradünnschnittserientechnik in Verbindung mit Tannin-Kontrastierung ergab, daß die Mehrzahl der anscheinend freien Vesikel Teile eines verzweigten Systems sind, das mit einer der Endotheloberflächen in Verbindung steht. Es scheint jedoch gesichert zu sein, daß die Vesikel entweder durch Bildung weniger zeitweiliger oder permanenter Kanäle, möglicherweise durch Vermittlung einiger freier Vesikel das sg. großporige System der Permeabilität repräsentieren. Dieses ist für den Austausch größerer Eiweißmoleküle verantwortlich.

Nach außen hin folgt auf die Schicht der Endothelzellen eine kontinuierlich ausgebildete Basallamina, welche einen spezialisierten Teil der extrazellulären Matrix darstellt. Man grenzt eine unmittelbar am Endothel liegende Zone (Lamina rara externa) von einer äußeren breiteren Zone (Lamina densa) ab, der noch eine elektronenoptisch nicht strukturierte Lamina rara interna folgt. Die Begrenzung zum Interstitium erfolgt durch eindringende Kollagenfibrillen, die das Kapillarrohr mit seiner Umgebung verbinden.

Als wesentliche Komponente enthält die Basalmembran in der Lamina rara externa und interna Laminin, welches an Zelloberflächen bindet und ein Haftprotein für endotheliale und epitheliale Zellen zum Kollagen Typ IV darstellt. Seitdem in epithelialen Zellmembranen, nicht in Fibroblastenmembranen, lamininspezifische Rezeptoren nachgewiesen werden konnten, wird Laminin eine wichtige Rolle bei der Steuerung von Zellwachstum und -differenzierung zugewiesen. Wenn man in Laminincokulturen epithelialer Zellen und Fibroblasten Wachstumsfaktoren injiziert, so wird das Wachstum von Epithelzellen, nicht von Fibroblasten, gesteigert.

Dem Endothelzellrohr der Myokardkapillaren liegen in gewissen Abständen unterschiedlich gestaltete, mit Ausläufern versehene Zellen, die Perizyten, an (Zimmermann 1923). Diese orientieren sich meist parallel zu deren Längsachse und die Ausläufer verlaufen oft zirkulär. Ultrastrukturell sind diese Zellen, ähnlich wie Endothelzellen, durch das konzentrierte Auftreten von Organellen im Perikaryion bzw. durch strukturarme Fortsätze gekennzeichnet, alle Anteile werden von der endothelialen Basalmembran umschlossen.

Die Adventitia als Verbindungsschicht zwischen dem umliegenden Gewebe und den Kapillaren besteht vor allem aus wenigen Fibrillen, Fibrozyten, amorpher Matrix und Makrophagen. Spezialisierte Kontaktregionen zwischen aufeinanderliegenden Plasmamembranen benachbarter Zellen werden als interzelluläre Junktionen bezeichnet (Staehelin 1974). Sie bilden die strukturelle Basis für interzelluläre Zwischenwirkungen bestimmter Art. Infolgedessen können Strukturen von höherer Ordnung bestehen. Die durch Diskontinuitäten in den Kontaktzonen bedingten Interendothelialspalten dienen funktionell als potentielle Passagewege für Wasser und gelöste Stoffe (Wissing 1981).

2.6. Die Ätiologie der Herzmuskelzellschädigung am Modell des syrischen Goldhamsters

Bis zum heutigen Tage ist die Ätiologie der Cardiomyopathie nicht vollständig geklärt. Für die Gruppe der hypertrophen CM werden vor allem erbliche Faktoren (Olsen 1973) sowie hormonelle Dysbalancen mit erhöhtem Katecholaminspiegel (Pearse 1964, Ferrans 1973, Perloff 1981, Goodwin 1982) und für die Gruppe der dilatativen CM eine virale und/oder immunologische und seit kurzem auch erbliche Komponenten angeschuldigt (Scherhag 1995). Ebenso ist der auslösende Primärmechanismus zur Schädigung der Myozyten und des bindegewebigen Umbaus nicht geklärt.

Am Modell des syrischen Goldhamsters mit autosomal-rezessivem Defekt soll der Versuch zur Entwicklung einer Kausalität der Myozytenschädigung über Nekrose zum fibrotischen Umbau unternommen werden.

Der Primärmechanismus ist auch bei dem Modell des syrischen Goldhamsters nicht sicher geklärt. Es werden einerseits die Möglichkeit des Zellmembranschadens mit gesteigerter Membranpermeabilität und gesteigertem Kalziuminflux und andererseits hyperadrenerge Zustände, die die normale Rückbildung der embryonalen septalen Muskelstruktur nach Pearse (1964) und Ferrans (1973) verhindern soll und lt. Mc Culley (1991) zu einer Beta-Stimulation führen soll, diskutiert.

Der wichtigste pathogenetische Faktor dieser Erkrankung ist eine zunehmende, wahrscheinlich multifaktoriell bedingte intrazelluläre Kalziumüberladung (Bajusz 1966, Fleckstein et al. 1971/73/74, Jasmin et al. 1979/80/84, Lossnitzer et al. 1975, Wrogeman 1976). Diese zunehmende intrazelluläre Kalziumanhäufung als Zentrum des Schädigungsprozesses setzt eine ganze Reihe weiterer destruktiver Prozesse in Gang, die zu einer wachsenden Herzmuskelschädigung und im Finalstadium zum kongestiven Herzschaden führen (Faber 1983). Im Homogenisat cardiomyopathischer Hamsterherzen wurde ein achtfach höherer Kalziumgehalt im Vergleich zum gesunden Herzen gefunden (Jasmin et al. 1984). Lossnitzer et al. (1975) fanden bei dreißig Tage alten Hamstern sogar eine 40 %ige, bei älteren Hamstern im Nekrosestadium eine dreißigfache Kalziumerhöhung.

Normalerweise beträgt die Konzentration des intrazellulären Kalziums 10-7 bis 10-8 und extrazellulär 10-4 bis 10-5 mg.

Wird ein Aktionspotential ausgelöst, kommt es zum Einstrom von Kalzium und damit zum Anstieg der intrazellulären Kalziumkonzentration. Bei 10-5 bis 10-6 erfolgt dann unter ATP die Kontraktion der Muskelsarkomere. Bei der DCM ist das Aktionspotential erheblich verlängert (Weismann 1993).

Kommt es zu unkontrolliert einströmendem Kalziumionen oder fehlt der Rücktransport, kann das zu Dauerkontraktionen und Verklumpungen der Myofibrillen führen.

Da Kalzium eine zentrale pathogenetische Rolle bei der Krankheitsentstehung spielen muß, wird nicht zuletzt durch das Wissen um die Wirkung von Medikamenten, welche die langsamen Kalziumkanäle blockieren, wie VERAPAMIL gestützt. Es konnte bewiesen werden, daß eine VERAPAMIL-Gabe vor der nekrotischen Phase, also im frühen klinischen Stadium, die Nekrosebildung nahezu vollständig verhindert (Jasmin et Bajusz 1975, Lossnitzer et al. 1975). Auch im fortgeschrittenen Stadium profitieren die Versuchstiere noch von der Gabe von Kalziumantagonisten.

Wodurch der Membranschaden, welcher den erhöhten Kalziumeinstrom ermöglicht, verursacht ist, ob er struktureller oder funktioneller Natur ist, bleibt unklar. Eine Minderperfussion im Bereich der "slow channels" innerhalb der Plasmamembran scheinen eine wichtige Rolle zu spielen (Nyler 1981). Ebenso ist die Zahl der funktionstüchtigen "slow channels" entscheidend (Jasmin et Proschek 1984).

Durch Messung der Radioliganden gelang der Nachweis einer erheblich erhöhten Zahl dieser Kanäle, am ehesten als Kompensationsmechanismus für die Zahl der funktionsgestörten Kanäle (Weismann 1993).

Wrogman schließt allerdings einen Teil der Membrandefekte als Sekundärschaden nach schwerer fokaler Myofibrillenkontraktionen und Jasmin und Proschek (1984) den erschöpften hyperkinetischen Zustand der Zelle mit daraus folgendem Verschleiß der Strukturproteine nicht aus.

Im Bereich des sarkoplasmatischen Retikulums wurden Dichteveränderungen der Kalziumrezeptoren als Hinweis auf die gesteigerte Freisetzung von Kalzium gefunden (Sapp et Howlett 1994, Tawada-Iwata et al. 1993).

Als eine weitere pathogenetische Größe ist eine erheblich veränderte Katecholaminaktivität nachweisbar (Fleckstein et al. 1973, Reichenbach et Benditt 1970), die möglicherweise die Synthese - und Funktionsstörungen des Sarkolemm unterstützen (Jasmin et al. 1982). Aber auch andere Faktoren beeinflussen den Krankheitsprozeß. Hier wären Folgeveränderungen bei Hypoxie auf Grund von Perfusionsstörungen durch mikrovaskuläre Spasmen (Sole et Liew 1988, Finkel et al. 1993) bis zur Ischämie zu nennen (Factor et al. 1982, Figulla et al. 1987). Auch nutritive Einflüsse infolge mangels Vitamin E (Sakanashi et al. 1991), Selen (Collipp et Chen 1981) oder Carnitin (York et al. 1983) wurden beschrieben.

Aufgrund des intrazellulären Überangebotes an Kalzium kommt es zu Aktivitätszunahme der kalziumabhängigen myofibrillären ATPase (Fleckstein et Rona 1975). Es entsteht eine Kontraktionsverstärkung mit mechanischer Hyperaktivität (Fleckstein 1971, Lochner et al. 1970, Lindenmayer et al. 1970), wodurch es zu einer zunehmenden myofibrillären Degeneration kommt. Außerdem wird die Behinderung der zellulären Synthese- und Regenerationsprozesse durch den wachsenden Mangel an ATP diskutiert, was damit indirekt zur Zellschädigung beiträgt (Jasmin et Proschek 1984).

Eine Schädigung der kontraktilen Proteine der Myofilamente über direkte physiko-chemische Prozesse infolge des Kalziumangebotes wird von Forman et al. (1972) angenommen. Dieser Prozess wird durch die zunehmende myofibrilläre Degeneration, die wiederum durch den wachsenden Mangel an energiereichen Phosphaten bedingt ist, unterstützt.

Mitochondrienveränderungen bis hin zu intramitochondrialen Kalzifizierungen (Jasmin et Bajusz 1975, Lindenmayer et al. 1970) mit Aktivitätsminderung der Kreatinkinase als Zeichen der Regulationsstörung der Zellatmung mit funktionellen Konsequenzen für die Hämodynamik ließen sich nachweisen (Khucha et al. 1992).

2.7. Veränderungen des extrazellulären Raumes unter pathologischen Bedingungen und bei Cardiomyopathie

Unter pathologischen Bedingungen, auf Grund exogener oder endogener Ursachen, kommt es zu Reaktionen im Interstitium und insbesondere der extrazellulären Proteine wie Fibronectin, Laminin, seiner verschiedenen Kollagene und Fibroblasten.

Es stellt sich die Frage: Wie kommt es zu Zellvermehrung bzw. Fibroblastenproliferation, wie sie doch offensichtlich bei Cardiomyopathie in überschießender Form vorhanden ist? Ein auslösender Mechanismus ist nicht eindeutig geklärt.

Ein möglicher Ansatz zur Erklärung geht zunächst davon aus, daß die Zellteilung in drei Schritten erfolgt (Alberts et al. 1990, 1995).

  1. Es existiert eine Verankerung der Zelle in der Matrix durch Zell- Matrix- Kontaktstellen, an denen innerhalb der Zelle ein geordnetes Zytoskelett entsteht.
  2. Es erfolgt die Aktivierung dieser Anordnung durch Wachtumsfaktoren, wobei in der Zelle ein Signal für die Zellteilung entsteht.
  3. Es kommt zur teilweisen Auflösung des Zell-Matrix- Kontaktes durch welches das Signal zur Zellteilung freigesetzt wird.

In transformierten Zellen scheint Schritt 1 nicht mehr notwendig zu sein und einzelne Anheftungskomplexe der Zelle wären ausreichend, damit das Signal zu Vermehrung entsteht. Es läßt sich ein hypothetisches Modell (Alberts et al. 1990) für den Mechanismus zur Wachstumssteuerung durch Veränderungen der Zelladhäsion nach Stimulation einer Zelle mit dem Wachstumsfaktor PDGF aufstellen. Wenn PDGF an seinen Rezeptor bindet,

dann führt dies über einen nicht näher bekannten Reaktionsweg zur Phosphorylierung eines c-src-Proteins. Diese mit der Plasmamembran assoziierte Proteinkinase wird dadurch aktiviert und phosphoryliert ihrerseits die Thyrosinreste am benachbarten, an Zelladhäsion beteiligten Transmembranproteinen. Eines dieser Proteine ist der Fibronectinrezeptor.

Daraufhin lösen sich Fokalkontakte und andere Adhäsionsstellen teilweise auf und die mit ihnen assozierten Actinfilamente lösen sich von der Plasmamembran. Dieses Modell beruht teilweise auf Beobachtungen an Zellen, welche mit dem Rous-Sarcom-Virus (rsv) transformiert wurden. Dieses Virus codiert ein verändertes src-Protein namens v-src, das ständig aktiv ist. Zwei andere Proto-Onkogene aus der frc-Familie, c-abl und c-yes, codieren ebenfalls tyrosinspezifische Proteinasen, die vermutlich ähnlich funktionieren wie c-src-Proteine. Von solchen Enzymen werden jedoch ganz allgemein viele Proteine phosphoryliert. Welche für die Regulation der Zellteilung wichtig sind, ist nicht geklärt.

Ein zweiter Mechanismus, der eine Fibrillogenese auslöst und zur Bildung von Granulationsgewebe führt, ähnlich wie im Gefolge von entzündlichen Reaktionen, ist zu diskutieren. Aus zugrundegehenden Zellen oder aus zerfallenden Erythrozyten werden Zytokine freigesetzt, welche wiederum Monozyten, Makrophagen und neutrophile Granulozyten zur wirksamen Beseitigung von nekrotischem Material durch Phagozytose anregen. Ebenso treten Epitheloidzellen, welche von Histiozyten abstammen und mehrkernige Riesenzellen, welche ausschließlich durch Fusion von Histiozyten entstehen, auf. Es wurden Untersuchungen an Meerschweinchen zur Wirkung der Histiozyten und Makrophagen auf die Fibroblasten durchgeführt. Hier entwickelten diese Zellen einen "makrophage-dependent-fibroblast-stimulatin-activity".

Durch spezielle Untersuchungen wurde festgestellt, daß Fibroblasten zum Zentrum der Schädigung wandern (Cottier 1992). In-Vitro-Versuche haben erkennen lassen, daß außerdem Fibroblasten in der Lage sind, sich gegen einen Adhäsionsgradienten zu bewegen.

Die Hypothese, daß zwischen Monozyten, Makrophagen und der extrazellulären Matrix bzw. ihrer Bestandteile gerade bei Cardiomyopathie eine Wechselwirkung, welche zur Zunahme des Faseranteils im Interstitium führt, besteht, wird durch Untersuchungen von Schaper et al. (1995) gestützt: Man nimmt an, daß Fibronectin als besonderes Matrixprotein bei der Anheftung von Zelldebris, zunächst durch die Stimulation der Makrophagen zur Zelltrümmerbeseitigung (Blumstock et al. 1978) und schließlich durch die Stimulation der Fibroblasten, zur erhöhten Proteinbiosynthese anregen (Schaper et al. 1995). Dies wird möglich durch die besondere Affinität des Fibronectins zur Oberfläche und zu den verschiedenen Matrixsubstanzen (Bergmann 1990) sowie durch die Vermittlung des Anheftens der Matrixsubstanzen an diese Zelloberflächen (Hörmann 1985).

Fibronectin selbst besitzt seinen Zellmembranrezeptor, welcher der wachsenden Familie der Integrinen, einer Gruppe transmembraner Proteine, angehört (Übersicht bei Buck et Horowitz 1987, Hynes 1987, Rouslathi 1991). Die meisten Integrine binden an mehrere Liganten (Pytela et al. 1985, Kramer et al. 1989). Auch den Integrinen wird eine besondere Eigenschaft zugeschrieben: Sie sollen ebenfalls in der Lage sein, Signale zur Proliferation von T-Lymphozyten (Davis et al. 1990) vermitteln zu können, und sie sollen in der Lage sein, Monozyten und Fibroblasten stimulieren zu können (Chang et al. 1992).

Gerade im Extrazellularraum des insuffizienten Herzen des Menschen fand sich eine Häufung von Fibronectin (Schaper et al. 1995) bzw. onkofetalem Fibronectin (Gabler et al. 1996). Bei der dilatativen Cardiomyopathie war dies so auffällig, daß Fibronectin für die dilatative Cardiomyopathie als Krankheitsmarker benutzt wird (Gabler et al. 1996).

Aber auch aus entzündlichen Gewebsabschnitten, wo es Heilungsprozesse sowie die Neovaskularisation (Proctor 1987) stimulieren soll, wurde Fibronectin isoliert. Die Zunahme des bindegewebigen Anteils im Extrazellularraum wird letztlich nicht nur durch dessen Neubildung, sondern auch durch die Akkumulation von Kollagen als reaktive interstitielle Fibrose diskutiert (Sabbah et al. 1995).

Am Beispiel der Herzhypertrophie fanden sich im Lichtmikroskop - entsprechend des Schweregrades - eine deutlich diffuse und herdförmige Fibrose mit Zunahme und Vermehrung des interstitiellen Bindegewebes (Kunkel et al. 1977).

Computeranalysen des Interstitiums hypertrophierter Herzen ergaben bei der Ausmessung der Fibroblasten deren Größenzunahme im Krankheitsverlauf im Bereich des linken Vetrikelseptums (Matturi et al. 1995). Mit Hilfe von Herzkatheterbiopsien (bei denen eine hohe Streuung angenommen werden muß) wurde dieses Ergebnis gestützt, indem mit Zunahme der Myokardfaserbreite (Zebe et al. 1984) bei insgesamt abnehmender Myofibrillenmenge eine zunehmende Fibrose zu beobachten war. Diese Fibrosierung zog eine allgemeine Gewebezunahme nach sich (Frenzel et al. 1985, Kunkel et al. 1987, Mosseri et al. 1991).

Schaper und Speiser (1990) beschrieben für den besonderen Fall der Cardiomyopathie in der Umgebung von Myokard- und Endothelzellen, wobei diese in einer dicken Schicht, ähnlich einer Gefäßscheide, eingefaßt waren, eine Vermehrung von Laminin und Kollagen Typ IV. Die Rolle der Grundsubstanz im Prozeß der Bildung von Granulationsgewebe im Gefolge von entzündlichen Prozessen wurde ebenfalls untersucht. Es ist erwiesen, daß die Entstehung von Narbengewebe zum einen mit der Fibrillogenese und zum anderen mit der Produktion saurer Mucopolysaccharide einher geht. Die Bereitstellung von sauren Mucopolysacchariden scheint der Faserbildung den Weg zu bereiten (Cottier 1980). In den Untersuchungen von Schaper et al. im Jahre 1995 fiel am menschlichen insuffizienten Herzen neben der Vermehrung von Matrixkomponenten wie Fibronectin, Laminin und Kollagen auch eine Zunahme von Mucopolysacchariden auf.

Eine in allen Geweben und Körperflüssigkeiten vorkommende Form von Glycosaminoglycanen stellt die Hyaluronsäure dar. Es gibt in letzter Zeit Hinweise, daß sie eine besondere Aufgabe erfüllt, wenn Zellen in Geweben wandern müssen (Alberts et al. 1990): Man nimmt an, daß durch das Anziehen von Wasser durch Hyaluronsäure die Matrix quillt und die Zellwanderung erleichtert wird.

2.8. Strukturveränderungen der Myokardkapillaren unter pathologischen Bedingungen und bei Cardiomyopathie sowie mögliche Mechanismen der Entstehung

Es werden zwei mögliche Mechanismen, die zur Änderung der mikrovaskulären Versorgung führen, diskutiert.

An syrischen Goldhamstern wurden bei dilatativer CM mikrovaskuläre Spasmen, die assoziiert waren mit schmalen Arealen von Herzzellnekrosen beobachtet. Als Grund hierfür wird eine Hyperreaktivität der Mikrozirkulation angenommen.

Den für die Hemmung des übermäßigen Kalziumeinstroms an Herzmuskelzellen eingesetzten Kalziumantagonisten wie VERAPAMIL wird eine vorbeugende Wirkung auf mikrovaskuläre Spasmen zugerechnet (Sonnenblick et al. 1985).

Weihrauch et al. (1995) fanden in postischämischem Granulationsgewebe eine Anzahl von Monozyten, Makrophagen, Lymphozyten und eine geringe Anzahl von Neutrophilen, Fibroblasten und nekrotischem Zellmaterial.

Die Monozyten und Makrophagen waren in der Lage, über Zytokine, Enzyme und Wachstumsfaktoren zu produzieren und es wird ihnen die Fähigkeit zur Bildung unterschiedlicher angiogenetischen Faktoren zugesprochen.

Außerdem produzieren Makrophagen eine Vielzahl von Substanzen, u.a. den Tumor- Nekrose-Faktor (??TNF), welcher ein allgemeiner Wachstumsfaktor für die Gefäßentwicklung zu sein scheint. ?-TNF fördert die Angiogenese in geringem Maße und findet sich in allen zellulären Nekrosen in höherer Konzentration, vermutlich abhängig von der Anzahl der von den Makrophagen produzierten Zytokine.

Fibronectin, welches im extrazellulären Raum cardiomyopathischer Herzen vermehrt gefunden wurde (Schaper et al. 1995), soll ebenfalls durch Wachtumsfaktoren die Angiogenese regulieren (Weihrauch et al. 1995).

Die Frage nach der Entstehung der Microangiopathie bei Diabetes mellitus wurde von Rösen et al. (1995) untersucht: Durch den Zerfall von Myozyten werden Sauerstoffradikale frei, welche die Proteinkinase C stimulieren, und welche ihre Aktivität in Endothelzellen und glatten Muskelzellen entwickeln. Ein Prozeß, der über die Aktivierung von Proto-Onkogen-Expression und die Zunahme der Matrixgene erfolgt.

Tocopherol stellt ein wirksames Antioxidanz zur Hemmung der toxischen Aktivität des oxydativen LDL und seiner direkten Wirkung auf die Sauerstoffradikale der Zellmembranen durch Hemmung der Membrandurchlässigkeit und Inaktivierung von verschiedenen ATPase-Aktivitäten dar. Ob die hier genannten Mechanismen im Prozeß der Entstehung des cardiomyopathischen Krankheitsbildes eine Rolle spielen, müssen zukünftige Untersuchungen klären. Von Spinale et al.(1992) wurde bei tachykardinduzierter CM die Verkleinerung der Kapillaren bei allgemeiner Zunahme der Kapillaren beobachtet. Die Anzahl der Kapillarwände nahm zu, die Kapillardiffusionsdistanz verlängerte sich, was zur Erhöhung des Gefäßbettwiderstandes beitrug.

Beiden Mechanismen folgt eine Minderversorgung der kontraktilen Anteile des Myokards. Myozyten gehen zugrunde, ein großer Teil hypertrophiert. Zu Beginn des hypertrophierten Zustandes sind die Koronararterien und ihre Verzweigungen noch in der Lage, sich bis zu einem bestimmten Grad zu erweitern (Vogelberg 1957). Bei weiter fortschreitender Hypertrophie kommt es zum Versorgungsdefizit mit hypoxischen Zuständen. Untersuchungen von Wearn (1928), Linzbach (1947), Hort (1955), Hort et Severidt (1966) haben gezeigt, daß bei steigendem Herzgewicht trotz breiter werdender Muskelfasern zunächst keine Zunahme der Kapillarzahl erfolgt. Das numerische Verhältnis zwischen Muskelfasern und Kapillaren bleibt gleich. Erst jenseits des kritischen Herzgewichtes kommt es zur Zunahme der Kapillarzahl (Hort 1955, Linzbach 1947, Schoenmachers 1949, Hecht 1980), jedoch verlief das Wachstum der Kapillaren nicht proportional der Massezunahme des Herzmuskels. Die Kapillarzahl reichte nicht aus, eine ausreichende Sauerstoffversorgung zu gewährleisten.

Außerdem wurden unter hypoxischen Bedingungen Wandveränderungen im Sinne einer ödematösen Schwellung des Gewebes (Fuchs 1964, Döring et al. 1975, Feder 1976) beobachtet. Auch ischämisch bedingte Kontrakturen der umliegenden Cardiomyozyten, welche zur Einengung der Kapillaren führen, werden für die Verstärkung des hypoxischen Zustandes verantwortlich gemacht (Hauschild et al. 1970).

Durch die allgemeine Zunahme der Kollagenkomponenten (Agapitos et al. 1996) soll es zur Abnahme der kapillären Zahl und Zunahme der interkapillären Distanz kommen (Trevi et al. 1995), wobei die Zunahme der Basalmembran ebenfalls diskutiert wird (Schaper et al. 1993). Die Reduktion des Kapillar - Faser - Verhältnisses und die Zunahme der Sauerstoffdiffusionsdistanz bewirkt eine Hypoxie sowie einen verminderten Sauerstoffan- und abtransport (Trevi et al. 1995). Bei Cardiomyopathie kommt es durch bereits behandelte Mechanismen zur Schädigung der Myozyten, welches das primäre Ereignis darstellt. Daraus entwickelt sich die Degeneration der Herzmuskelzellen, wobei Myofilamente und ihre stabilisierenden Filamente sowie das Zytoskelett beteiligt sind. Diese Vorgänge führen zur Sequestration von Zellbestandteilen in den Extrazellularraum, dessen Makrophagen zur Phagozytose und zur erhöhten Produktion von Fibronectin stimuliert werden. Eine ähnliche Aktivierung wird auch bei den Fibroblasten beobachtet, wodurch die Synthese der verschiedenen Extrazellularproteine angeregt wird. Die zunehmende Fibrosierung des Herzmuskelgewebes führt zu einer weiteren Schädigung der Myozyten und der Circulus vitiosus ist geschlossen.

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