Dissertation von Dr. med. Eva Heller, Leipzig
Ultrastrukturell-morphometrische Untersuchungen an Kapillaren und Interstitium
im Myokard gesunder und cardiomyopathischer syrischer Goldhamster verschiedener Alterstufen

5. Diskussion

Bei der Diskussion sowohl der qualitativen als auch der quantitativen Ergebnisse muß in Betracht gezogen werden, daß auffällige Fibrose- und Nekroseherde bei der Bildauswahl ausgespart wurden. Es wurde das restliche Myokard beurteilt, um festzustellen, ob typische Umbauprozesse auch in diesem Bereich stattfinden, und die vorliegenden Untersuchungen sollten dazu dienen, eventuelle Anfangszustände von Veränderungen erfassen zu können.

5.1. Diskussion der qualitativen Befunde

Lichtmikroskopisch waren erwartungsgemäß am 7. Lebenstag keine pathologischen Befunde sowohl im Bereich der Myozyten, wie auch im interzellulären Bereich zu finden.

In dieser frühen Entwicklungsetappe zeigten sich im Elektronenmikroskop nur selten Anzeichen einer gestörten Myofibrillenorganisation. Abnormalitäten treten nur in 25 % der Fälle in dieser Altersstufe auf .

Im Interstitium fielen in beiden Gruppen Fibrozyten, z.T. in aktivierter Form auf, was aber der allgemeinen Gewebsentwicklung entspricht.

In der dritten Lebenswoche zeigen sich lichtoptisch fokale Myolysebereiche. Elektronenoptisch fand Meyer (1997) am gleichen Material sehr vereinzelt Texturstörungen der Myofilamente. Auffallend waren hier die beginnenden Mitochondrienveränderungen in Form von Hypertrophie und Hyperplasie. Diese standen einer Vielzahl kleiner intakter Mitochondrien gegenüber. Dieser Zustand stellt nach Schwartz et al. (1972) ein Zeichen hoher oxidativer Aktivität dar. Insgesamt scheint der Anteil der Bindegewebsfasern zugenommen zu haben. Menge und Kaliber der Bindegewebsfibrillen haben in beiden Gruppen gleichermaßen zugenommen.

Die bei den cardiomyopathischen Hamstern im Interstitium vorkommenden Fibrozyten sind kleiner als die der gesunden Tiere, welche in diesem Zeitraum keinen großen Umfang aufweisen. In der Gruppe der erkrankten Tiere scheinen allerdings mehr Fibrozyten vorhanden zu sein. Die Kapillaren zeigen erste Unterschiede in beiden Gruppen. Sie sind bei den erkrankten Tieren kleiner und treten in größerer Zahl auf, was für eine erhebliche Sprossungsaktivität spricht. Das sinusartige Aussehen eines Teils der Kapillaren ist typisch für das Entwicklungsstadium.

Vereinzelt kommen Monozyten und Makrophagen, welche Zytokine, Enzyme und angiogenetische Wachstumsfaktoren produzieren sollen, vor.

Weihrauch et al. (1995) beobachtete Makrophagen vermehrt in postischämischem Granulationsgewebe. Ihr Vorhandensein wird auf ihre Phagozytose-Funktion und den vorangegangenen Zellabbau zurückgeführt, außerdem spielt offenbar die Gefäßinduktion eine Rolle, um avitales Gewebe in die allgemeine Gewebsversorgung mit einzubeziehen und nicht zuletzt funktionsloses Gewebe für die Arbeitsleistung des Herzens zugänglich zu machen. Andererseits wird eine Wirkung der Histiozyten und Makrophagen auf die Fibroblasten angenommen, belegt durch Untersuchungen an Meerschweinchen. Diese Zellen sollen eine fibroblastenstimulierende Aktivität (Cottier 1980) entwickeln. Dies kann eine Erklärung für die Zunahme der Fibrozyten sowie der Makrophagen in dieser Altersstufe sein.

Im mittleren Lebensalter fällt lichtoptisch die Zunahme des Hypertrophieprozesses der Muskelfasern auf. Elektronenoptisch imponieren die Schädigungen der Myofilamente als "lochfraßähnliche Defekte" innerhalb der Hypertrophiebezirke. Meyer (1997) beobachtete ausgedünnte und reduzierte Myofilamente, welche mit amorphem Material durchsetzt waren. Die Mitochondrien wiesen Schädigungen innerhalb der Cristae auf.

Während bei der Kontrollgruppe kleine Fibrozyten und wenige, dünne Fasern vorhanden waren, fanden sich bei den cardiomyopathischen Hamstern viele kleine Fibrozyten, die Fasern lagen in großer Menge und in hypertrophierter Form vor.

Der Eindruck der abnehmenden Myofibrillenmenge und Zunahme der Faserbreite wird durch Untersuchungen von Mosseri et al. (1991) gestützt. Es kommt zur allgemeinen Gewebszunahme durch Fibrosierung (Mosseri et al. 1991, Frenzel et al. 1985, Kunkel et al. 1987). Eine Akkumulation von Kollagen als reaktive interstitielle Fibrose, wie sie von Sabbah et al. (1995) beobachtet wurde, war in den vorliegenden Bildern in dieser Art nicht zu finden.

Die Kapillaren waren klein. Spinale et al. (1992) beschrieben ebenfalls kleine Gefäße, wobei dies zur Zunahme der Anzahl der Kapillarwände und damit zur Zunahme der Kapillardiffusionsdistanz und zur Erhöhung des Gefäßbettwiderstandes führte. Diese Aussage wird ebenfalls durch die von Schaper et Speiser (1992) beschriebene Zunahme der Basalmembrandicke bei Cardiomyopathie bestätigt, wie sie auch in den vorliegenden Untersuchungen auffällt.

Ebenfalls Schaper et al. (1995) stellten die Hypothese auf, daß es bei der Anhäufung von Zelltrümmern zunächst über Fibronectin zur Stimulierung der Makrophagen zur Beseitigung des Abfalls (Blumenstock et al. 1978) und schließlich durch die Aktivierung der Fibroblasten zur erhöhten Proteinbiosynthese (Schaper et al. 1995) kommt. Dies ist durch die Anheftungsfähikeit des Fibronectins an Zelloberflächen, Matrixsubstanzen (Bergmann 1990) sowie schließlich durch die Vermittlung des Anheftens dieser Matrixsubstanzen an die Zelloberflächen (Hörmann 1985) möglich. Es scheint denkbar, daß es ebenso zum Anlagern von Fibroblasten und Fibronectin an Basalmembranen kommt und durch die erhöhte Proteinbiosyntheseleistung zur Verdickung der Basalmembran beitragen, oder als kollagenbildende Elemente, welche in Gefäßen vorkommen und den Fibroblasten zugerechnet werden, aktiviert werden.

Vielleicht sprechen die gehäuft auftretenden Verschmelzungsfiguren der Vesikel für den Versuch, die erhöhte Sauerstoffdiffusionsdistanz und den damit geringeren Stoffaustausch mit Hilfe eines aktivierten Transportsystems zu kompensieren.

Bis zum hohem Lebensalter treten lichtoptisch weiter pathologisch veränderte Areale von Myozyten in Form von Nekroseherden auf. Die Abstände zwischen den Muskelfaserbündeln sind größer geworden, die Zwischenräume sind vermehrt mit Fasern angefüllt. Die Fibrozyten fallen durch ein gut entwickeltes rauhes endoplasmatisches Retikulum und zahlreiche Mitochondrien auf, was für ihre hohe Aktivität spricht.

Gegen Lebensende hat sich die Gesamtsituation beruhigt. Das Interstitium ist mit Faserbündeln angereichert, die wenigen Fibrozyten treten kaum noch in aktiver Form auf. Es entsteht der Eindruck einer gewissen Starre des Gewebes.

Die kleinen Kapillaren unterstreichen durch ihre große Endothel- und Basalmembrandicke mit wenigen Vesikeln und kaum vorhandenen Verschmelzungsfiguren dieses Bild.

5.2. Diskussion der quantitativen Befunde

Die morphometrischen Parameter, der beurteilten Organellen zeigen altersabhängig teilweise erhebliche Unterschiede zwischen cardiomyopathischen und gesunden Hamstern. Bereits in den ersten drei Lebenswochen zeigen sich in den Untersuchungen von Fitzl (1990) lichtmikroskopisch erhebliche Unterschiede in der Verteilung der Volumenanteile des Interstitiums und der Myozyten. Hier nehmen bei den Kontrolltieren bis zum 21. Tag die Volumenanteile des Interstitiums zu Gunsten des entwicklungsbedingten Anstiegs der Myozyten ab. Bei den cardiomyopathischen Hamstern fällt der Volumenanteil des Interstitiums weniger stark. Außerdem steigt das Verhältnis der Volumendichte des Interstitiums zur Volumendichte der Myozyten, was besagt, daß der Anteil des Interstitiums in diesem Zeitraum bei den erkrankten Tieren vergleichsweise hoch liegt.

Obwohl sich bis dahin kaum sicht- noch meßbare Schädigungen der cardiomyopathischen Muskelzellen finden lassen (Meyer 1997), zeigen sich in Aufbau und Zusammensetzung des Interstitiums deutliche Unterschiede im Vergleich zu den Kontrolltieren. Bereits hier fallen erste Veränderungen durch die Zunahme der Fasern bzw. faserbildenden Anteile auf. Ebenso weisen die Kapillaren im Aufbau Veränderungen auf.

Ab dem 21. Tag treten z.T. deutliche Änderungen in den Entwicklungstendenzen auf, was wahrscheinlich auf den Fakt zurückzuführen ist, daß Hamster in der dritten Woche erstmalig ihre Behausung verlassen und eine Anpassung an die neuen Umgebungsbedingungen erfolgen muß. Der Beginn der signifikanten Änderung der Volumenanteile der Myofibrillen myopathischer Hamster ist nach Meyer (1997) zwischen dem 25. und 30. Lebenstag anzusiedeln. Diese morphologischen Befunde bestätigten schon funktionelle Untersuchungen von Ferrans et al. (1973). Hier wurde eine Kraftentwicklung pro Muskeleinheit bereits nach 50 Tagen bei myopathischen Hamstern ermittelt. Trotz des teilweise normalen morphologischen Aspektes scheinen bereits erste funktionelle Einschränkungen zu wirken, denen die betroffenen Zellen Kompensationsmechanismen, z.B. in Form verstärkter Nachbildung von Organellen entgegensetzen.

In dem Maße, wie die myofibrillären Anteile ab der 3. Lebenswoche zunehmen, wird der interstitielle Raum (Fitzl 1990) bis zum mittleren Lebensalter zunächst kleiner, jedoch zeigt sich elektronenoptisch eine Zunahme der fasrigen bzw. faserbildenden Zellen sowie eine deutliche Änderung der qualitativen Parameter der Kapillaren.

Im weiteren Alterungsprozeß verstärken sich bei den cardiomyopathischen Hamstern die Unterschiede der meisten morphometrischen Parameter. Dies betrifft das Gesamtvolumen des Interstitiums, dessen Anteil insgesamt zunimmt und der Anteil der Myozyten sinkt (Verlust des kontraktilen Materials). Ebenso zeigen sich im hohen Lebensalter auch im die Fibrosierungsherde aussparenden Interstitium die auffälligsten Veränderungen in Form von Faserzunahme, wie sie von Frenzel et al. (1985), Kunkel et al. (1987) und Mosseri et al. (1991) beschrieben wurden. Fibrozyten

Fibrozyten bzw. Fibroblasten sind als Bindegewebszellen in der Lage, Prokollagen zu bilden und die Entstehung von Kollagenfasern zu ermöglichen. Da ihnen außerdem die Fähigkeit zugeschrieben wird, an der Produktion von Glycosaminoglykanen beteiligt zu sein, kommt ihnen für den Umbau des Interstitiums eine besondere Bedeutung zu. Ebenso muß auf in Gefäßwänden vorkommende Zellen hingewiesen werden, die gewisse Eigenschaften kollagenbildender Elemente besitzen und den Fibrozyten zugerechnet werden.

Die Volumendichte der Fibrozyten weist sowohl in der Gruppe der erkrankten wie der gesunden Tiere eine Kurvenabfall vom 7. Tag an auf. Bei den erkrankten Tieren ist dieser Abfall bis zum mittleren Lebensalter signifikant. Der Volumenanteil bei den gesunden Tieren fällt besonders steil und signifikant zwischen dem 112. und 330. Tag ab. Bis gegen Lebensende zeigt sich hier nochmals ein geringer Anstieg.

Ab dem 21. Lebenstag liegt ihr Volumenanteil der cardiomyopathischen Hamster im Schnitt höher als bei den Kontrolltieren.

Das Verhältnis der Oberflächen- zur Volumendichte steigt bei den gesunden Tieren steiler, und zwischen dem 7. und 21. Tag signifikanter als bei den erkrankten Tieren an. Das Verhältnis ist bei den erkrankten Tieren am 21. Tag dem der Kontrolltiere unterlegen, d.h. zu diesem Zeitpunkt sind die Fibrozyten der cardiomyopathischen Hamster verhältnismäßig groß mit insgesamt kleinerer Oberfläche und viel Volumen. Im mittleren Lebensalter nimmt dieses Verhältnis signifikant zu. Diese Fibrozyten werden also kleiner und haben somit eine größere Oberfläche. Bei den gesunden Tieren fällt von Anfang an die Zunahme der Oberflächen- zur Volumendichte auf, welche zwischen dem 7. und 21. Tag signifikant ist.

Im gesamten Altersgang sind die Fibrozyten der erkrankten Tiere in allen Altersstufen kleiner als die der gesunden Tiere.

Besonders kraß und in den Altersstufen vom 7. und 21. Tag signifikant, ist der Unterschied bei der Betrachtung der numerischen Dichte. Die Anzahl der Fibrozyten pro Volumeneinheit liegt bei den erkrankten Tieren in allen Altersgruppen weit über den Werten der gesunden Tiere. Dabei nehmen die Fibrozyten bei den cardiomyopathischen Hamstern zunächst bis zur 3. Lebenswoche zu, fallen bis zum mittleren Lebensalter signifikant ab, bleiben dann konstant und liegen bis zum Lebensende immer über der Zahl der Fibrozyten bei den gesunden Tieren.

Die Fibrozyten der cardiomyopathischen Hamster treten insgesamt in größerer Zahl, welche um den 21. Tag ihren Höhepunkt hat, dafür aber in kleinerer Form, begründet auf dem geringeren Verhältnis von SV zu VV Fibr. und unterstrichen durch den geringeren Volumenanteil der Fibrozyten, auf .

Welche auslösenden Mechanismen bei Cardiomyopathie für die Zunahme der Fibrozytenproliferation zuständig ist, bleibt bis heute ungeklärt.

Da im Extrazellularraum insuffizienter menschlicher Herzen Fibronectin (Schaper et al. 1995) bzw. bei dilatativer Cardiomyopathie onkofetales Fibronectin (Gabler et al. 1996) gefunden wurde, können verschiedene Theorien mit Hilfe des Fibronectins, welche die Auslösung der Proteinbiosynthese bewirken sollen, aufgestellt werden:

1. Der auslösende Mechanismus ist die Verankerung der Zellen in der Matrix, z.B. an der Plasmamembran, über Zellmatrixkontaktstellen, evtl. über Fibronectinrezeptoren. Es kommt zur Aktivierung und Lockerung der Anordnung durch Wachstumsfaktoren, wodurch in der Zelle ein Signal zur Zellteilung entsteht. Schließlich löst sich der Zellmatrixkontakt teilweise auf, wodurch das Signal zur Zellteilung freigesetzt wird.

Bei dem Wachstumsfaktor handelt es sich z.B. um PTGF. Dieser bindet an seinen Rezeptor in der Plasmamembran. Dadurch wird eine mit der Plasmamembran assoziierte Proteinkinase aktiviert und baut durch Phosphorelierung an Zellmembranadhäsion beteiligte Transmembranproteine, z.B. Fibronectinrezeptoren, um. Zellkontakte lösen sich.

2. Ein zweiter Mechanismus scheint denkbar: Durch die Myolyse könnten aus den zugrunde gehenden Zellen Zytokine freigesetzt werden, ähnlich wie bei Entzündungsvorgängen, welche Monozyten und Makrophagen zur Beseitigung von nekrotischen Material durch Phagozytose anregen. Vielleicht entwickeln diese Freßzellen aber auch beim Krankheitsbild der Cardiomyopathie eine für sie spezifische, Fibroblasten stimulierende Aktivität. Dies führt zu einer Wachstumssteigerung der Fibroblasten.

Die Zunahme der Fibrozytenzahl erscheint im Zusammenhang mit dem Volumenanteil des Interstitiums bei Cardiomyopathie, besonders bis zum mittleren Lebensalter, interessant. Da die Volumendichte des Interstitiums bis zu dieser Entwicklungsstufe bei den cardiomyopathischen Hamstern kontinuierlich abnimmt, ist der Anteil der Fibrozyten, vor allem in ihrer den Kontrolltieren, und aufgrund ihrer überlegenen Zahl, besonders hoch zu bewerten. Fasern

Entsprechend der Funktion der Fibroblasten Kollagen zu bilden, wäre anzunehmen, daß die Entwicklung der Fasern analog zu der der Fibrozyten erfolgt. Dies trifft nur zum Teil zu, da sich die Fibrozyten auch in ihrer Aktivität in der Gruppe der cardiomyopathischen Hamster von der der Kontrollhamster zu unterscheiden scheinen.

Zu Lebensbeginn ist bei den erkrankten Tieren ein signifikant geringerer Faseranteil als bei der Kontrollgruppe zu verzeichnen. Zwischen dem 7. und 21. Tag nimmt der Volumenanteil der Fasern insgesamt im Interstitium zu. Am 21. Tag liegt der Volumenanteil der Fasern bei den gesunden Tieren deutlich über dem der erkrankten Tiere. Die Entwicklung des Volumenanteils der Fasern, welcher in den ersten drei Wochen parallel verläuft, ist in beiden Gruppen durch einen steilen Anstieg gekennzeichnet, was der allgemeinen Wachstumstendenz in diesem Alter entspricht. Qualitativ macht sich diese erhöhte Umsatzrate am 7. und 21. Tag durch viel rauhes endoplasmatisches Retikulum und Mitochondrien innerhalb der Zellen bemerkbar.

Erst ab dem 21. Tag differieren die Volumenanteile der Fasern zwischen beiden Gruppen und bei den cardiomyopathischen Hamstern liegen sie insgesamt weit über dem der gesunden Tiere. Dann erfolgt, nach einem geringen Abfall bis zum 270. Tag, ein Anstieg bis zum Lebensende. Dieser Faseranteil ist um so höher zu bewerten, da das interstitielle Volumen (Fitzl 1990) bis zum mittleren Lebensalter sehr deutlich abnimmt und gegen Lebensende nur gering ansteigt. Im Vergleich dazu zeigt sich bei den gesunden Tieren im nur langsam abnehmenden Interstitium ein krasser Abfall der fasrigen Volumenanteile.

Der Fibrosierungsgrad im Interstitium der erkrankten Tiere ist insgesamt weit größer als bei den gesunden Tieren.
Die Zunahme von Kollagen als pathologische Erscheinung im interstitiellen Umbau wurde immer wieder beschrieben.

So fanden Schaper et al. (1995) am menschlichen insuffizienten Herzen eine starke Vermehrung der extrazellulären Komponenten, besonders der Kollagenkomponenten wie Laminin und Kollagen Typ IV. Die vorliegenden Untersuchungsergebnisse bestätigen die Zunahme von Kollagen im Falle der cardiomyopathischen Hamster, bei denen sich mit zunehmendem Alter und klinisch manifester Herzinsuffizienz der Anstieg des interstitiellen Faseranteils fand.

Die Qualität der Fasern wurde durch Speiser et al. (1991) und Okada et al. (1996) untersucht, welche bei Cardiomyopathie eine Zunahme von Kollagen Typ I, beschrieben.

Nach Schaper et al. (1995) spielt vor allem Kollagen Typ VI, welches in Zellkulturen von Fibroblasten und Muskelzellen produziert wird, eine wichtige Rolle im Prozeß der Fibrosierung. Eine besondere Vermehrung von Kollagen in der Umgebung von Myokard- und Endothelzellen (Schaper et Speiser 1993) wurde in den vorliegenden Untersuchungen nicht gefunden.

Die bei dem Krankheitsbild der Cardiomyopathie auftretenden Fibroseherde wurden bei der Betrachtung ausgespart, so daß die gefundene Fibrose des interstitiellen Gewebes als eine leichte Form der diffusen Fibrose mit Zunahme des interstitiellen Bindegewebes gewertet werden kann, ähnlich wie sie von Kunkel et al. (1982) bei Herzhypertrophie beobachtet wurde.

Extrazelluläre Matrix

Der Matrixanteil nimmt bei den gesunden Tieren von Beginn, zwischen dem 21. und 112. Tag signifikant, zu. Berücksichtigt man ihren Anteil am gesamten Interstitium, dann zeigt sich ein deutlich großer Anteil der Matrix im interstitiellen Bereich. Der Anteil der Matrix nimmt bei den cardiomyopathischen Hamstern bis zum mittleren Lebensalter zu, fällt aber gegen Ende wieder ab. Ihr Anteil am Gesamtinterstitium im mittleren Lebensalter ist groß, nimmt aber gegen Lebensende im insgesamt zunehmenden Gesamtinterstitium ab.

Anscheinend geschieht dies zugunsten des steigenden Faseranteils in diesem Zeitraum. Der Volumenanteil dieser proteoglycanhaltigen, dem Stofftransport und -austausch dienenden Substanz nimmt bei den cardiomyopathischen Hamstern bis zum 21. Tag zugunsten der Fibrozyten und Faseranteile ab. Zu diesem Zeitpunkt ist der Volumenanteil der Matrix bei den erkrankten Tieren signifikant kleiner als bei den Kontrolltieren. Bis zum 270. Tag fällt in dem insgesamt geringer werdenden Interstitium der Matrixanteil wenig ab.

Zu diesem Zeitpunkt sind im Extrazellularraum der kranken Tiere außerdem viele Fasern und wenige Fibrozyten vorhanden. Zwischen dem 270. und 390. Tag nimmt der Matrixanteil hier noch einmal signifikant ab. Für diese verhältnismäßig große Menge an Glycosaminoglykanen und im speziellen Fall auch für Hyaluronsäure muß berücksichtigt werden, daß eine Funktion der Hyaluronsäure darin besteht, Wasser anzuziehen, so daß die Matrix aufquillt und die Zellwanderung erleichtert wird.

Experimentelle Befunde sprechen dafür, daß die Grundsubstanz für den extrazellulär abgelaufenen Teil der physiologischen Fibrillogenese notwendig ist (Cottier 1992). Außerdem wird der Grundsubstanz im Prozeß der Bildung von Granulationsgewebe im Gefolge entzündlicher Prozesse eine wesentliche Rolle zugeschrieben.

Die Abnahme der Grundsubstanz bedeutet eine Einschränkung des Stoffaustausches und -transportes, der Speicherung von Proteinbestandteilen sowie möglicherweise der Neubildung von Muskel- und Bindegewebsfasern.

Kapillaren

Die lichtmikroskopisch gemessenene Zahl der Kapillaren weist nur bis zum 35. bzw. 42. Lebenstag wesentliche Unterschiede im Verlauf zwischen erkrankten und gesunden Tieren auf: Die Anzahl der Kapillaren der cardiomyopathischen Hamster liegt am 21. Tag signifikant höher als die der gesunden Tiere, fällt danach aber im Unterschied zur Kontrollgruppe, deren Kapillarzahl ansteigt, erheblich ab.

Danach verläuft die Entwicklungstendenz beider Gruppen ähnlich, indem bis zum 120. bei den gesunden und bis zum 180. Tag bei den erkrankten Tieren die Kapillarzahl signifikant absinkt. Bis zum 330. bzw. 390. Tag erfolgt nochmals eine Zunahme, welche wiederum bei den gesunden Tieren deutlicher ausgeprägt ist. Bei den erkrankten Tieren steigt ebenfalls die Kapillarzahl, allerdings muß der kapilläre Umbau, welcher zu diesem Zeitpunkt weit fortgeschritten ist, beachtet werden.

Weihrauch et al. (1995) fanden in postischämischem Granulationsgewebe Monozyten und Makrophagen, welche in den hier untersuchten Ausschnitten eher selten zu sehen waren. Diese Zellen sind in der Lage, unter anderem Wachstumsfaktoren sowie unterschiedliche angiogenetische Faktoren zu produzieren, und so wird ?-TNF als potentieller Endothelwachstumsfaktor angesehen (Weihrauch et al. 1995). Es ist anzunehmen, daß die, wenn auch eher seltener, beobachteten Monozyten und Makrophagen hier einen ebensolchen Mechanismus auslösen. Spinale et al. (1992) beschrieben im Falle tachykardinduzierter Cardiomyopathie und der damit verbundenen Mehrarbeit eine allgemeine Zunahme der Kapillaren, was sich gegen Lebensende bei den erkrankten Tiere, aber auch bei den gesunden Tieren in den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit bestätigt fand.

Stellt man außerdem die Zahl der Kapillaren der Anzahl der Myozyten gegenüber, relativiert sich die Zunahme der Kapillarzahl gegen Lebensende und die damit vorhandene scheinbare bessere kapilläre Versorgung.

Hier finden sich nämlich vom 7. Tag bis zum 330. Tag bzw. 390. Tag keine größeren Schwankungen im Verlauf. D.h. es ist ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Zahl der Kapillaren und der Zahl der Myozyten vorhanden. Geht man jedoch davon aus, daß ab der 3. Lebenswoche bei den cardiomyopathischen Hamstern Muskelzellen zugrunde gehen, erste Fibrose- und zunehmend Nekroseherde auftreten, und im Gefolge Myozyten hypertrophieren, dann erscheint die gleichbleibende Zahl der Myokardkapillaren bei den cardiomyopathischen Hamstern nicht ausreichend, den erhöhten Abtransport von zerfallenem Material sowie den gesteigerten Bedarf an Sauerstoff und Nährstoffen zu bewältigen, um eine suffiziente Versorgung zu gewährleisten.

Weiterhin müssen die kapillären Umbauten berücksichtigt werden:

Die durchschnittliche Lumenweite der Kapillaren ist bei den gesunden Tieren im gesamten Verlauf, und am 7. und 21. Tag signifikant größer als bei den erkrankten Tieren. Obwohl sie bis zum 21. und 112. Tag signifikant abfällt und erst gegen Lebensende wieder geringfügig ansteigt. Allerdings sind diese Befunde mit Vorsicht zu werten, da ein Teil der Kapillaren fixierungsbedingte Formveränderungen aufweist. Bei den cardiomyopathischen Hamstern nimmt die Weite der Gefäße bis zum 21. Tag signifikant zu, was bei bereits abnehmender Kapillarzahl dem Entwicklungsprozeß der Myozyten Rechnung trägt. Danach nimmt der Durchmesser der Kapillaren bis zum 270. Tag signifikant ab und gegen Lebensende kaum zu.

Die Verkleinerung der Kapillaren bei Cardiomyopathie wurde bereits von Spinale et al. (1992) beschrieben.
Durch die zahlenmäßige Zunahme der Kapillaren, verbunden mit deren Lumenverkleinerung bis zum 390. Tag nahm die Zahl der Kapillarwände und damit die Kapillardiffusionsdistanz zu. Die Kapillarwand ist in einer Dreischichtung aufgebaut: Endothel, Basallamina mit Perizyten und Adventitia.

Das Kapillarendothel zeigt neben einem spärlichen Organellenbestand (Büchner et Onishi 1967, Welt 1984) eine Vielzahl von Vesikeln.
Die durchschnittliche Endotheldicke nimmt in beiden Gruppen im Verlaufe des Lebens ab - bei der Kontrollgruppe in geradezu linearer Form, bei den erkrankten Tieren zwischen 7. und 21. Tag signifikant. Die cardiomyopathischen Hamster weisen am 7. Tag eine signifikant größere Endotheldicke als die Kontrolltiere auf. Das Endothel wird aber bis zum mittleren Lebensalter als Zeichen der Reifung schmaler und nimmt gegen Lebensende nur minimal zu. Ein für Myokardkapillaren typischer Bestandteil des Endothels sind die zahlreichen Vesikel, welche vereinzelt oder als Verschmelzungsfiguren vorliegen und deren Anzahl sowie Verschmelzungsgrad Ausdruck der Aktivierung des Endothels sind.

Entsprechend der hohen Anforderung finden sich am 7. Tag in beiden Gruppen reichlich Vesikel, welche zumeist einzeln vorliegen. Bis zum 21. Tag nimmt ihre Zahl in beiden Gruppen, bei den erkrankten Tieren signifikant, ab. Bei den gesunden Tieren reicht die bis zum Lebensende weiter fallende Zahl (zwischen dem 21. und 112. Tag signifikant) aus, um den allgemeinen Wachstumsanforderungen des Herzzellgewebes gerecht zu werden. Dies verhält sich anders bei den cardiomyopathischen Hamstern. Hier nimmt die Vesikelzahl zwar bis zum mittleren Lebensalter zu, und es fallen viele Verschmelzungsfiguren auf. Bis zum Lebensende sinkt jedoch die Zahl der Vesikel signifikant. Somit werden den hypertrophierten Cardiomyozyten über dieses Transportsystem weniger Stoffe zugeführt, was deren Minderversorgung unterstützt. Außerdem wird die Diffusionsstrecke durch die Zunahme der Verdickung der endothelialen Basalmembran vergrößert, was den Stoffaustausch sicher ungünstig beeinflußt.

Die Dicke der endothelialen Basalmembran schwankt zunächst zu Lebensbeginn bei den Kontrolltieren. Sie liegt am 7. Tag geringfügig unter dem Ergebnis der cardiomyopathischen Hamster, fällt bis zum 21. Tag signifikant und ist hier bereits signifikant schmaler als die Basalmembran der erkrankten Tiere im gleichen Alter. Zwar nimmt ihre Breite bei den gesunden Tieren im mittleren Lebensalter zu, sinkt aber gegen Lebensende. Die Dicke der endothelialen Basalmembran bei cardiomyopathischen Hamstern dagegen nimmt in jedem Alter signifikant zu. Gegen Lebensende ist das Ergebnis am deutlichsten ausgeprägt.

Die vorliegenden Ergebnisse lassen nicht erkennen, ob diese Zunahme durch eine Vermehrung von Kollagen (III, IV, VI) und Matrixbestandteilen wie Laminin und Fibronectin bedingt ist.

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